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bauen ... spekulieren

Bauen kann man Häuser, Brücken, Straßen und vieles andere. Darunter auch vieles, das nicht von Menschen, sondern von Tieren gebaut wird, zum Beispiel Bienenwaben, Vogelnester und Fuchskessel. Man könnte sogar meinen, dass alles zustandekommt, indem es gebaut wird, auf irgendeine Weise. Zum Beispiel alle Kunstwerke, nicht nur die der Baukunst im engeren Sinn.

Was muss es nicht alles an Bautätigkeiten geben, damit ein Kinofilm entsteht! Ein Film wird ja zumindest oft nicht nur in und bei Gebäuden gedreht, die sowieso schon vorhanden sind. Sondern auch auf Geländen und in Studios, wo eigens für den Film einiges erbaut wird, vielerlei Attrappen und Kulissen wie etwa die ungefähre Kopie eines U-Boots für den Kriegsfilm "Das Boot" oder ein scheinbares Riesenungeheuer für den Monsterstreifen "King Kong". Ja, selbst das Herstellen des bloßen Filmstreifens ist zumindest eine ähnliche Bautätigkeit wie das Fliesenlegen. Man könnte also sagen: ebenso, wie jeder, der etwas baut, etwas herstellt, ist jeder, der irgendetwas herstellt, bautätig. Ganz gleich, ob es sich bei dem Hergestellten um ein steinernes Gebäude oder sonstiges Gebilde handelt. Hauptsache, es kommt dabei etwas zustande.

Wobei außer dem Aufbauen und Zusammenbauen auch das Anbauen, Umbauen und sogar Abbauen durchaus zum Handwerk des Bauens gehört. Bauen kann demnach sowohl konstruktiv als auch destruktiv sein, sowohl schöpferisch als auch zerstörerisch. Daher ist nicht selten die Rede vom "Mist bauen". Das Bauen überhaupt kann ein Fluch wie ein Segen sein. Ein Segen bestimmt bei Wohnungsnot und jederlei ernsthaftem Bedarf, ein Fluch jedoch überall, wo in hohem Maße rücksichtslos gebaut wird, wo zum Beispiel schützenswerte Areale zu Bauland erklärt und dann großflächig versiegelt werden. Weil das Geld die Welt regiert, verkehrt sich zwangsläufig der Sinn des Bauens mehr und mehr. Denn man kann auf das Fallen wie auf das Steigen der Preise, auf das Gutgehen wie auf das Schiefgehen allen Bauens spekulieren und dafür gleichermaßen satte Gewinne einstreichen.

bauen ... philosophieren

Eine Baustelle ist die Stelle eines Bauvorhabens: ein Platz, wo ein Gebäude erbaut, umgebaut oder abgebaut werden soll. Solange irgendwo eine Baustelle ist, ist dort ein Bauvorhaben in Arbeit, also noch nicht fertig. Jedenfalls ist eine Baustelle ein Ort des Bauens und trotz des gewissen Anklangs nicht zu verwechseln mit einem Ort des Grauens. Das dürften mir allerdings viele Arbeitsmigranten in Katar, wo derzeit die Stätten für die Fußball-WM 2022 errichtet werden, nicht bestätigen.

Was heißt eigentlich Bauen? Herkunftswörterbücher geben die Auskunft, dass das unverkennbare Tätigkeitswort "bauen" mit dem Hilfszeitwort "sein" wortgeschichtlich verwandt ist. Das hört man beim Grundwort "sein" nicht heraus, wohl aber bei dessen Ableitung "bin". Und was ist sozusagen der gemeinsame Nenner von "bin" und "bauen"? Nun, das irgendwo dauerhafte Sein, sprich: Wohnen. Der in unmittelbarer Nähe Wohnende heißt darum auch Nachbar. Das "-bar" in "Nachbar" wiederum weist auf den Bauer hin, aber weniger auf den Häuslebauer und Bauarbeiter als auf den auch "Bauer" genannten Vogelkäfig, auf eine Zwangswohnung also, wenn wir sagen wollen, wie es ist. Ehrlicher nennt man beim "Zwinger" für Lauftiere das Kind beim Namen. Nicht zu vergessen die Bauern und die Buren, beides dörfliche Häuser bewohnende Leute, nicht mehr als arme Mitbewohner auf dem Grund und Boden des Landadels. So gesehen, war "Bauer" zunächst keine Berufsbezeichnung, sondern stand für das einfache Volk, insofern es bloß hauste statt Hof hielt.

Ist demnach die Baustelle im Grunde nur ein Wohnort, an dem man – wie auch immer – verweilt, sein Dasein fristet? Was ist da aus dem unverkennbaren Tätigkeitswort geworden? Nur noch ein Zeitvertreibswort? Das könnte in der Tat der Optik des mittelalterlichen Adels geschuldet sein. Die Mühen der arbeitenden Bevölkerung wurden ausgeblendet. Sie lieferte den Feudalherren bloß ab, was man der fruchtbaren Natur und letztlich Gott verdankte, und war für ein tristes Leben geboren wie die Aristokratie für ein feines. Diese beiden Seinsweisen – die derer da oben und die derer da unten – erschienen als die vorherbestimmten, prädestinierten.

Ist es in der modernen Gesellschaft so viel anders? Sie versteht sich als Leistungsgesellschaft. Den Sinn des Lebens sieht man überwiegend in einer sinnvollen Arbeit oder zumindest in einer auskömmlichen "Work-Life-Balance". Arbeitslosigkeit dagegen steht unter größtem Sinnlosigkeitsverdacht und ist in dieser Hinsicht höchstens noch durch ein abseitiges Philosophieren zu toppen. Als abseitig muss ein solches Philosophieren gesehen werden, das in der Lohnarbeitsgesellschaft, sprich: der kapitalistischen, nicht verwertbar ist. Ein Philosophieren, das nichts fertigbringt, alles immer nur fraglich findet, oder mit dem Denken so weit ausholt, dass es auf einer ewigen Baustelle verweilt. Unproduktiver kann kein Arbeitsloser sein. Die abseitige Philosophie tut geradezu so, als ginge es im Leben um nichts, zumindest nicht in diesem.

Das mag so sein.