kürzen ... schreiben

Für das Schreiben dieses Artikels nehme ich mir (von mehrmaligem Korrekturlesen abgesehen) genau eine Stunde Zeit. Ich bin ein langsamer Schreiber, weshalb ich jetzt keinen langen Artikel zuwege bringe. Mehr als etwa zwei Dutzend Zeilen sind unter den gegebenen Umständen nicht zu erwarten. Wie ich auf das Thema gekommen bin? Durch das Bändchen "Konzepte ausarbeiten", das im Jahre 2002 von Financial Times Deutschland in der Pocketbuchreihe "x-presso" erschienen ist. Die Autorin Sonja Klug führt als abschließenden Gliederungspunkt den Problemfall "Wenn Sie nur eine Stunde Zeit haben" auf. Sie meint, dass man in dieser Not ein Konzept zwar stichwortartig erstellen, aber nicht mehr ausformulieren kann. Für das Ausformulieren müsse man mindestens eine weitere Stunde veranschlagen.

Nun liegen das stichwortartige Schreiben oder gar Visualisierungen wie das "Mind Mapping" mir Fließ-Texter überhaupt nicht, sondern ich versuche immer sofort lesbar zu artikulieren, was ich zu einer Idee schriftlich festhalten will. Frau Klug ist diesmal meine Ideengeberin gewesen, und ich habe sofort mit dem Artikel losgelegt. Das ist mittlerweile schon eine halbe Stunde her.

Die Idee des Stundenartikels gefällt mir. Deswegen hat mich auch früher einmal der Ratgeber-Titel "Wie Sie in einer halben Minute Ihren Standpunkt vertreten" (von Milo Frank, mvg-Verlag 1991) stark angesprochen. Ich will beim Schreiben in der Tat immer möglichst bald auf den Punkt kommen und auch, was den Punkt selbst betrifft, nicht weitschweifig werden. Mit Andeutungen soll es sein Bewenden haben, so dass ein interessierter Leser selber weiterdenken kann. Eine Wunschvorstellung von mir sind auch Gespräche, in denen sich die Teilnehmer bei jedem Beitrag kurz fassen. Eine halbe Minute ist da kein schlechtes Limit. Dann kann man nämlich beim Erwidern auf den Vorredner eingehen, ohne aus einem langen Sermon etwas herauspicken zu müssen; denn dies tut der Sammlung in aller Regel Abbruch.

Im Zweifel sind mir Bruchstücke lieber als Umschweife, die ich geradezu grundsätzlich im Verdacht habe, jedesmal ein "Grand Design" vorzugaukeln, das lediglich für ein unfruchtbares Überzeugen (nach Walter Benjamin) kennzeichnend ist. Die Zeit ist um.

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