schenken ... wirtschaften

Wir gingen aus, speisten gut zu Abend und wollten zahlen. Der Wirt aber sagte nur:
  • Sie sind meine Gäste.
  • Oh danke, wie kommen wir zu der Ehre?
  • Das hier ist eine Gaststätte.
  • Eine Gaststätte, in der wir nicht zu zahlen brauchen?
  • Was wäre das für eine Gaststätte, wo der Gast zur Kasse gebeten wird?
  • Pardon, wir kennen das nicht anders.
  • Sie sind nicht von hier?
  • Doch, durchaus, jedenfalls aus dem näheren Umkreis, wir wohnen nur ein paar Straßen weiter.
  • Ich weiß, es hat sich noch nicht überall herumgesprochen.
  • Dass man bei Ihnen gratis essen kann?
  • Dass die Gastwirtschaft eingeführt worden ist.
  • Sie meinen, diese kostenlose?
  • Ich meine, diese Wirtschaftsordnung.
  • Heißt das, Sie dürfen gar nicht kassieren?
  • Ich brauche nicht.
  • Werden Sie subventioniert?
  • So könnte man es auch nennen.
  • Wie noch?
  • Wie gesagt: Gastwirtschaft.
  • Eine derartige Subventionswirtschaft ist uns allerdings völlig neu.
  • Sie breitet sich jedoch gerade wie ein Lauffeuer aus.
  • Und der Staat subventioniert Sie?
  • Es sind meine Lieferanten, die das tun, und meine Angestellten.
  • Und die können sich das leisten?
  • Die werden ja auch überall gratis versorgt, wie in einer Gastwirtschaft eben, die diesen Namen verdient.
  • Und wer soll das alles bezahlen?
  • Wo nirgends gezahlt werden muss, muss keiner was bezahlen.
  • Dann können wir also unser Geld wegwerfen?
  • Demnächst wird ein Museum der Marktwirtschaft eingeweiht, dort können Sie Ihr Geld lassen.
  • Danke für den Tipp, aber dann bringen wir es doch lieber zur Bank oder Sparkasse.
  • Die Banken und Sparkassen gibt es ebenfalls nur noch im Museum.
  • Wie soll denn eine Gesellschaft ganz ohne Geld funktionieren?
  • Vielleicht besser als mit Geld.
  • Wer möchte schon ausschließlich unbezahlt arbeiten?
  • Jeder, der sich auch bei rein ehrenamtlicher Arbeit versorgt weiß?
  • Viele, die sowieso versorgt werden, gehen dann doch gar nicht mehr arbeiten.
  • Wo ein Arbeitsvermögen ist, lässt sich auch eine Arbeitsbereitschaft wachrufen.
  • Die meisten werden dann tun, was ihnen Spaß macht, und die nötigere Arbeit droht liegenzubleiben.
  • Ineins mit dem Arbeitsvermögen kann auch ein Vernunftvermögen vorausgesetzt werden, das es in jedem Menschen aktiv zu halten gilt.
  • Das doch wohl am erfolgversprechendsten, wo ein gewisses Geldvermögen in Aussicht gestellt wird.
  • Geld- beziehungsweise Marktwirtschaft steht nur im günstigsten Fall für die Aussicht, menschenwürdig zu leben.
  • Steht denn irgend etwas in jedem Fall dafür?
  • Ja, die elterliche Gastfreundschaft, die jedem Neuankömmling mit aller Kraft den Einstieg in ein menschenwürdiges Leben gewährt und für eine globale Gastwirtschaft Modell steht.
  • Eine Weltwirtschaft, die aus lauter Gastfreundschaften besteht?
  • Eine Wirtschaft wie die, in der Sie es sich gerade haben schmecken lassen und sich hoffentlich gut unterhalten haben.
  • Wir kommen gerne wieder, um den Tagtraum weiterzuträumen.

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